Im Mai 2016 erschien das Buch Der „Fall Jauss“. Wege des Verstehens in eine Zukunft der Philologie (Kulturverlag Kadmos Berlin) des Potsdamer Romanisten und Komparatisten Ottmar Ette. Der interdisziplinäre Gesprächsabend zur Debatte um den Konstanzer Romanisten wurde aufgenommen und ist unter den Links unten als Videodokumentation aufzurufen.
Hans Robert Jauß (1921-1997), seit 1966 Professor der Universität Konstanz, gilt als einer der bedeutendsten Literaturwissenschaftler Deutschlands der Nachkriegszeit. Mit seiner Konstanzer Antrittsvorlesung „Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft“, die bereits 1967 in Buchform erschien, begründete er die Rezeptionsästhetik, welche Ausweitungen in die Sozial-, Kultur- und Fachgeschichte erhielt, und die später als „Konstanzer Schule“ bezeichnet wurde. Seit der Literaturwissenschaftler Earl Jeffrey Richards 1995 zum ersten Mal öffentlichkeitswirksam auf die SS-Mitgliedschaft von Hans Robert Jauß hinwies, entbrannte über die Frage der Konsequenzen dieses Faktums eine Debatte, die nicht abebben sollte. Der französische Philologe Maurice Olender, der im September 1996 das einzige große Interview über die Vergangenheit mit Hans Robert Jauß für Le Monde geführt hat, machte in Jauß’ Äußerung ein signifikantes „Schweigen einer Generation“ aus (Race sans histoire, Paris 2005/2009). Vergleiche mit anderen diskutierten Fällen wie jene von Günter Grass oder Martin Heidegger drängten sich auf. Nach der Aufführung von Gerhard Zahners Theaterstück „Die Liste der Unerwünschten“ beauftragte 2014 schließlich die Universität Konstanz ein Gutachten zur Rolle Jauß’ in der Waffen-SS bei dem Potsdamer Historiker Jens Westemeier, das 2015 der Öffentlichkeit vorgelegt wurde.
https://cmb.hu-berlin.de/kalender/termin/der-fall-jauss/
Mehr Information zur Veranstaltung.
Videoschnitt : Annabella David, Laura Haydock
Gesprächsrunde mit
Ill.: Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer (Originaltitel: El sueño de la razón produce monstruos) von Francisco de Goya