Themenschwerpunkt „Umbriferi prefazi“: Die Wiederentdeckung des Schattens in Mittelalter und Renaissance für 2016

Unter dem Dantes Paradiso entlehnten Titel „Umbriferi prefazi“ (XXX, 78) zeichnete die Tagung (3.–5. Juli 2014, Tagungsbericht) die allmähliche ‚Wiederentdeckung‘ des Schattens seit dem Ende des 12. Jahrhunderts nach. Sie verstand diese als eine aufschlussreiche Neuerung im Denken und Vorstellen europäischer Kulturen, die sich besonders prägnant in der Literatur sowie in den (Bildenden) Künsten fassen lässt. Im interdisziplinären Gespräch wurde der Umgang mit dem Schatten über vier Jahrhunderte in seiner doppelten Signifikanz, nämlich als physikalisches Phänomen und als Metapher, untersucht. Ziel war es, Gemeinsamkeiten, Verbindungen und Entwicklungslinien zwischen den Künsten und den Wissenschaften in der Behandlung des Schattens zwischen dem 12. und dem Ende des 16. Jahrhunderts auszumachen.
Veranstalter: Prof. Dr. Franziska Meier (Göttingen), Dr. Björn Reich (HU Berlin), Christoph Schanze (Gießen)

Vorgesehene Beiträge s.u.

„Dein heißer Wunsch: es möchte sich erhellen
Die Kenntnis dir von dem, was du hier siehst,
Freut mich je mehr, je mehr ich ihn seh schwellen.

Doch eh dein Dürsten Sättigung genießt,“
So sprach sie, meines Auges Licht und Leben,
„Musst du vom Wasser trinken, das hier fließt.

Der Glanzstrom, der Topase Fall und Heben,
Der bunten Blumen Lachen und Sichneigen,
Will nur der Wahrheit Schattenvorspiel geben.

Nicht dass selbst Mangel ihnen wär zueigen;
Ihr Wesen selbst ist klar und bald durchdacht,
Nur Kraft fehlt deinem Blick, so hoch zu steigen.“ –

(Ü: Richard Zoozmann, 1922)

“L’alto disio che mo t’infiamma e urge,
d’aver notizia di ciò che tu vei,
tanto mi piace più quanto più turge;

ma di quest‘ acqua convien che tu bei
prima che tanta sete in te si sazi”:
così mi disse il sol de li occhi miei.

Anche soggiunse: “Il fiume e li topazi
ch’entrano ed escono e ‚l rider de l’erbe
son di lor vero umbriferi prefazi.

Non che da sé sian queste cose acerbe;
ma è difetto da la parte tua,
che non hai viste ancor tanto superbe”.

(Dante, Par. XXX, 78)

Ausgewählte Beiträge

hrsg. von Franziska Meier, in Romanische Studien (2016)

Abb.: Jan Saenredam after Cornelis van Haarlem: Plato’s Allegory of the cave (1604)

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