Konzeptistisches Denken
Nataniel Christgau, Gerhard Poppenberg und Pablo Valdivia Orozco, Hrsg., „Kulturen des Ingeniösen“, Themenschwerpunkt in Romanische Studien, geplant für 2017.
Zum Workshop
Das konzeptistische Denken der Prämoderne ist die höchste intellektuelle Ausprägung des Zeitalters, das epochengeschichtlich als Barock firmiert. Es findet im Werk von Baltasar Gracián seine konziseste Formulierung. Die für den Workshop „Kulturen des Ingeniösen“ leitende Frage zielt auf die Darstellung eines Paradigmas des konzeptistischen Denkens, das über das Barock hinaus die frühe Neuzeit, die Moderne und die Postmoderne umfasst. Ein solches Paradigma ist aber nicht als lediglich monographische Rekonstruktion von Graciáns Theorie des Konzeptismus und seiner Folgen zu begreifen. Eine Rezeptions- oder Wirkungsgeschichte seines für das konzeptistische Denken maßgebenden Traktats Agudeza y arte de ingenio hat so gut wie gar nicht stattgefunden. Sehr wohl aber hat es in den vergangenen vierhundert Jahren einerseits im Rückgriff auf die Literatur und Kunst des Barock, andererseits offenbar aus Einsichten in die Sache selbst, die das Ingenium als ein mentales Organon des Menschen bildet, immer wieder Formationen von ingeniösem Denken gegeben. Es geht dabei nicht um eine systematische Erfassung, sondern um eine erste Annäherung an dieses Paradigma.
Die einzelnen Beiträge werden partikulare Aspekte und unterschiedliche Schauplätze dieses Denkens aufzeigen und in einer genealogischen Perspektive grundlegende methodische und theoretische Probleme der Kulturen des Ingeniösen diskutieren.
Vorgesehene Beiträge
- Gerhard Poppenberg (Heidelberg): „líneas de ponderación y sutileza – Überlegungen zur Sprachontologie von Graciáns Konzeptismus“
- Florian Arnold (Offenbach): „Verblüffen: über die verspielte Erhabenheit des Sujets“
- Nataniel Christgau (Heidelberg): „Anders zentriert: zu Freuds Traumdenken“
- Felix Ensslin (Stuttgart): „Affekt und Abstraktion: eine psychoanalytische Annäherung“
- Katherina Seemann Villanueva (Berlin): „Toda ciencia transcendiendo: María Zambranos Ausgriff auf ein unbegriffliches Wissen“
- Jonas Hock (Regensburg): „Schlinge statt Kreuz: réécriture der Passion bei Sade, Nietzsche und Klossowski“
- Pablo Valdivia Orozco (Frankfurt Oder): „Adornos Zeitkern: Überlegungen zu einer ingeniösen Metapher“
- Clemens Bellut (Heidelberg): „Von Wanderern und Ingenieuren“
- Christopher D. Johnson (London): „Warburgs Denkbilder: zwischen Hieroglyph und Diagramm“
- Peter König (Heidelberg): „Bewegung, Stand, Sprung: poetische, reflexive und revolutionäre Kraft bei Vico und Benjamin“
Ill.: Emanuele Tesauro, Il Cannocchiale aristotelico (1670)