Mannweiler, Zur Universalität des Französischen in den Wissenschaften

Beiträge, Französisch

Ce qui n’est pas traduit n’est pas français

Zur Universalität des Französischen in den Wissenschaften, von Rivarol zu Guyton de Morveau

Caroline Mannweiler

Vorabdruck des Artikels für Romanische Studien

 

Abstract

Während Rivarols De l’universalité de la langue francaise große Bekanntheit genießt und die Forschung auch den anderen Wettbewerbsbeiträgen zu den Preisfragen der Berliner Akademie aus dem Jahr 1783 Aufmerksamkeit geschenkt hat, ist eine andere Schrift, die im Kontext der Preisfrage entstanden ist, kaum bekannt, nämlich Guyton de Morveaus „Mémoire contenant des vues pour conserver à la langue française la prérogative d’être la langue universelle“. Der Beitrag stellt diesen Text, der das Problem der ‘universalité’ aus der Sicht eines Naturwissenschaftlers angeht, vor und erläutert die große Bedeutung, die Morveau der Übersetzungstätigkeit eines Landes für die ‚universalité‘ seiner Sprache zumisst.

„Mémoire contenant des vues pour conserver à la langue française la prérogative d’être la langue universelle“[1] – wie der Titel dieser 1787 in zwei Teilen im Journal de littérature de Nancy abgedruckten Schrift bereits vermuten lässt, handelt es sich dabei um einen Text, der auf den wenige Jahre früher, 1784, erschienenen De l’universalité de la langue française. Discours qui a remporté le Prix de l’Académie de Berlin Bezug nimmt – Rivarols Preisschrift, in der er die Fragen der Berliner Akademie „Qu’est-ce qui a rendu la langue française universelle? Pourquoi mérite-t-elle cette prérogative? Est-il à présumer qu’elle la conserve?“ mit nachhaltigem persönlichen Erfolg beantwortet hatte.[2] Anders als Rivarols Discours, der schon von Zeitgenossen kritisch kommentiert wurde[3] und bis heute einen festen Platz unter den sprachapologetischen Schriften seit (um hier nur für das Französische zu sprechen) Du Bellays Défense et illustration de la langue francaise einnimmt,[4] erregte Guyton de Morveaus „Mémoire“ jedoch kaum Aufmerksamkeit und ist außer einer punktuellen Erwähnung in den Schriften des Guyton-Experten Patrice Bret[5] der heutigen Forschung nahezu unbekannt. Dies mag zum einen mit dem Erscheinungsort, einer nicht außergewöhnlich prominenten Provinzzeitschrift, zusammenhängen, zum anderen aber auch damit, dass Guyton de Morveau Sprach- und Literaturwissenschaftler:innen kaum ein Begriff ist und die für ihn zuständigen Wissenschaftshistoriker:innen sich naturgemäß eher mit seinen chemischen Forschungen und seiner ‚wissenschaftsbezogenen‘ Sprachpolitik beschäftigen – der maßgeblich von Morveau vorangetriebenen Nomenklaturreform in der Chemie des 18. Jahrhunderts.[6] Außerdem wird Guyton de Morveaus politische Rolle in der Revolution – er votierte für die Hinrichtung des Königs – für seine geringe Beliebtheit verantwortlich gemacht[7], die sich auch in überschaubarer wissenschaftlicher Beachtung niederschlägt.[8]

Doch unabhängig von den Gründen, die für seine bislang spärliche Rezeption verantwortlich sind, erscheint es überaus lohnend, sich mit Guytons „Mémoire“ zu beschäftigen. Denn er enthält Überlegungen zum Zusammenhang von Prestige, Reichweite und Übersetzungspolitik von Sprachen, die sich als mindestens ebenso aktuell erweisen wie Rivarols 2013 bei Manucius neu aufgelegter Discours. Dabei fällt auf, dass Guyton de Morveau sich insbesondere der dritten Frage der Berliner Akademie widmet, nämlich derjenigen nach der Zukunft des Französischen. Hierbei ergeht er sich jedoch nicht in Spekulationen über einen plausiblen Verlauf der Dinge (wie es zahlreiche Wettbewerbsbeiträger getan hatten, die wahlweise das Französische oder das Deutsche mittelfristig im Vorteil sahen[9]), sondern entwirft vielmehr ein Programm, mit dem das Französische seinen Status als „langue universelle“ behalten könne – und dieses Programm lässt sich kurz gesagt als staatlich geförderte Übersetzungspolitik im Bereich der Wissenschaften beschreiben:

il suffit que le Gouvernement veuille diriger l’émulation vers cet objet; il peut d’un mot rassembler une société polyglotte, qui recueille et répande dans toute l’Europe les matériaux de la science: Qu’il daigne seulement accorder quelques encouragemens à ceux qui s’appliquent à cette étude, & il verra bientôt des Savans se charger, à l’exemple de l’illustre Buffon, (*) de faire parler dans notre langue, ce que les langues étrangères offriront de plus précieux.[10]

Der Hinweis auf Buffon ist hier zum einen dessen, heute wenig bekannten übersetzerischen Aktivitäten geschuldet (Guyton erwähnt in der Fußnote explizit Buffons Übersetzung des ersten Bandes der Statik Hayles), aber sicher auch Ausdruck der persönlichen Bekanntschaft zwischen Guyton und Buffon, der bereits recht früh auf den Forscher in Dijon und Leiter der dortigen Académie aufmerksam geworden war – eine Unterstützung, mit der sich Guyton natürlich gerne schmückte. Noch interessanter für den hier untersuchten Zusammenhang ist aber die Vorstellung einer konkreten Übersetzungsförderung, zu der Guyton aufruft, um Wissenschaftler dazu zu bringen, übersetzerisch tätig zu werden. Denn anders als in vielen Disziplinen ist es im Bereich der Naturwissenschaften tatsächlich unerlässlich, wissenschaftliche Fachkenntnisse zu haben, um übersetzen zu können, was eine ausreichende Übersetzungstätigkeit zusätzlich erschwert. Dies heißt nicht, dass nicht auch bedeutende Wissenschaftler im 18. Jh. wie etwa Buffon, Tissot oder Bernouilli Übersetzungen angefertigt hätten, aber Guyton geht es ganz offensichtlich um eine systematische Übersetzungsförderung, die nicht auf punktuelle Einzelunternehmungen vertraut. Nun sollte nicht verschwiegen werden, dass Guyton mit diesem Aufruf auch durchaus eigennützige Interessen verband, da er selbst in Dijon eine Art kleines ‚Übersetzungsbüro‘ für naturwissenschaftliche Übersetzungen betrieb, das er in seinem „Mémoire“ auch erwähnt, als eine der ganz wenigen Quellen für Übersetzungen aus dem Schwedischen:

Le recueil des mémoires de l’Académie de Stockholm, enrichi des travaux annuels des Cronstedt, des Bergman, des Schéele, des Wilcke, des Murrai, des Rinnman, &c., &c. est pour nous, comme s’il n’existait pas, à la réserve de sept ou huit morceaux qui ont été publiés par les traducteurs qui se sont formés à Dijon, depuis 2 ou 3 ans, d’après les vues d’utilité que j’ai présentées à leur émulation. Je n’en connais point d’autres traduits du Suédois en Français (*).[11]

Guytons Aufruf kann also gewiss als Appell gelesen werden, der seinen ganz eigenen Übersetzungsprojekten zu Gute kommen sollte. Doch auch jenseits dieser eigennützigen Motive – die im Übrigen ins Leere liefen, Guytons Appell war nicht von Erfolg gekrönt – ist es aufschlussreich, die Argumentation des „Mémoire“ nachzuvollziehen, da sie die Perspektive Rivarols doch ganz entscheidend erweitert: Diese ‚Erweiterung‘ zeigt Guyton denn auch gleich zu Beginn seines Textes an, indem er, Rivarols Thesen verstärkend, behauptet, dass die Zeit, in der man die Universalität einer Sprache an ihrer Literatur beurteilen könne, vorbei sei und das nun anbrechende Zeitalter im Zeichen der Wissenschaften stünde:

Ce sont les chefs-d’œuvre des Poètes et des Orateurs Français qui ont fait parler à toute l’Europe la langue qu’ils avaient perfectionnée & arrêtée; je n’ai rien à ajouter aux preuves qu’en a si bien développées l’Auteur qui a obtenu la palme dans la lice de l’Académie de Berlin (*); mais il ne se dissimule pas que tous les esprits sont aujourd’hui tournés vers ses sciences naturelles […].[12]

In der Tat erwähnt Rivarol in seinem Discours, dass die Zeit der Dichter und ihrer Fiktionen bald vorbei sein könnte, doch die kommende Beschäftigung mit Wissenschaften erscheint ihm gleichzeitig keine Schreckensvision („il ne restera plus à la Poésie que le langage de la raison & des passions; & c’est un assez bel empire“[13]), zumal die der „clarté“ verpflichtete französische Prosa ohnehin für eine solche Nutzung prädestiniert ist – ein Prinzip, das Rivarol interessanterweise auch für die besondere Qualität französischer Übersetzungen in Anschlag bringt, die das Original nicht nur übersetzen, sondern gleichsam ‚erklären‘ würden. „Quoi qu’il en soit de la prose & des vers français, quand cette Langue traduit, elle explique véritablement un Auteur.“[14] Der topos der ‚belles infidèles‘, d.h. der berüchtigt freien, aber auch besonders eleganten Übersetzungen im Französischen wird hier als Stärke interpretiert, wie überhaupt Rivarol ein Meister darin ist, alle möglichen Aspekte so darzubieten, dass sie als Beleg der besonderen Qualität des Französischen dienen.[15] Das prominenteste Beispiel dafür ist sicherlich seine Zuspitzung der Wortstellung im Französischen – sujet, verbe, objet – des sogenannten ordre direct, zur Essenz der „clarté“, die er zugleich als Wesensmerkmal der französischen Sprache wie der Franzosen deklariert. Dass sich Rivarol damit in eine im 17. und 18. Jahrhundert durchaus lebhaft geführte Debatte um ‚ordre naturel‘ und Inversion, Klarheit der Sprache und der Gedanken einreiht, ist mehrfach erläutert worden und braucht hier nicht näher ausgeführt zu werden.[16]

Vielmehr ist interessant, dass Guyton weitgehend darauf verzichtet, irgendwelche sprachlichen Wesenskerne zum Beleg der Überlegenheit des Französischen heranzuziehen, – wiewohl er sich zumindest bemüßigt fühlt, in einer Fußnote eine etwas zusammenhanglose Bemerkung über die Differenziertheit der französischen Verbtempora einzufügen, die es so in anderen Sprachen nicht gäbe. Doch scheint diese Bemerkung eher einer diskursiven Gewohnheit verpflichtet, die sprachliche mit logischen Qualitäten verbindet, als einer wirklich tiefen Reflexion über diese Zusammenhänge. Oder besser gesagt: Guyton verlässt sich keineswegs auf solche hypothetischen sprachlichen Qualitäten, sondern führt sehr viel pragmatischere Überlegungen an, deren Ausgangspunkt, wie bereits erwähnt, die zukünftige Dominanz der Wissenschaften ist. Denn aus dieser ergeben sich Konsequenzen für die Universalität von Sprachen, die mit sprachinhärenten Qualitäten kaum etwas zu tun haben, sehr viel aber mit der Funktionsweise von wissenschaftlicher Erkenntnis und wissenschaftlichem Fortschritt. Denn dieser ist, wie Guyton ausführt, ein genuin und zwingend transnationales Phänomen. Während es im Literarischen durchaus vorstellbar sei, sich mit den Erzeugnissen seiner eigenen Kultur zufrieden zu geben, sei dies für den Naturwissenschaftler keine Option: Produziert dieser eine Erkenntnis, die nicht den neuesten Kenntnisstand berücksichtigt, egal, woher dieser stammt, so ist seine Erkenntnis schlicht wertlos:

[le savant] doit connaître le point précis où l’esprit humain s’est arrêté, pour aller au-delà. Le travail du physicien est perdu pour lui & pour la société, s’il ne commence par se mettre au niveau de son siècle; il n’est pas permis à l’Académicien de Paris, d’ignorer ce qu’on démontre dans les Académies du nord.[17]

Wie man sieht, ist für Guyton ‚Internationalität‘ und internationale Kommunikation in den Wissenschaften keine Frage der Haltung oder des guten Tons („une affaire de goût et de convenance“[18]) sondern ein Imperativ, der überhaupt erst die Qualität der eigenen Forschung gewährleistet. „[…] la communication est un besoin pour les Savans: la science n‘est elle-même que l‘ensemble de tout ce qui a été découvert, observé, apperçu partout.“[19] Aus diesem in aller Deutlichkeit festgehaltenen Sachverhalt verbunden mit der größeren Relevanz der Wissenschaften im Vergleich zum literarisch-kulturellen Geschehen leitet Guyton nun seine zentrale These ab, die besagt, dass nur diejenige Sprache ‚universell‘ sein und bleiben könne, die sich zur Kommunikationssprache der Wissenschaften mache. – Dass in Europa das Lateinische lange Zeit diese Rolle einnahm, liegt auf der Hand. Doch Guyton sieht diese Zeit endgültig an ihr Ende gelangt und trauert ihr auch nicht nach. Ob man darin, wie es Dagognet in Bezug auf Morveaus Nomenklaturreform, die eine gewisse Präferenz für griechische statt lateinischer Affixe aufweist, einen anti-jesuitischen Zug Guytons sehen will, mag dahingestellt bleiben.[20] Entscheidend für Guytons Argumentation gegen das Lateinische und für die Volkssprachen ist jedenfalls die binnengesellschaftliche Öffnung der Wissenschaften, an der ein größerer werdender Personenkreis zumindest prinzipiell teilhaben kann: „cette raison est que les Savans n‘écrivaient autrefois que pour les Savans, & qu’aujourd‘hui ils écrivent pour tout le monde.“[21] Angesichts ihrer „compatriotes avides d’instruction“[22], (worunter man sich nicht zuletzt ein wohlhabendes Publikum vorstellen sollte, das sich etwa mit der Anlegung von Naturaliensammlungen eine Freude machte) könnten es sich die Gelehrten nicht mehr erlauben, auf Lateinisch zu schreiben, so Guyton. Sobald Wissenschaft ein Gesprächsgegenstand in gebildeten Kreisen würde, wie sie es inzwischen geworden sei, sei die Veröffentlichung in den Sprachen, die dieses neue Publikum der Wissenschaften spreche, zwingend. Eine Entwicklung, die Guyton übrigens nicht nur in Frankreich, sondern europaweit feststellt, wo die jeweiligen Akademien, etwa die englische Royal Academy, ihre Schriften in den Landessprachen publiziere. Mit dieser Öffnung der Wissenschaften für ein Publikum außerhalb des reinen Gelehrtenzirkels geht jedoch naturgemäß ein Verlust an ‚Universalität‘ der Kommunikation innerhalb dieses Gelehrtenzirkels einher, da die Wissenschaftler nicht mehr auf eine gemeinsame Sprache rekurrieren können. Da die Wissenschaftler außerdem nicht all die verschiedenen Sprachen lernen könnten, die es bräuchte, um über die Forschungen überall auf dem Laufenden zu sein, ginge es darum, die Sprache zu werden, die die Wissenschaftler mit diesen verschiedensprachigen Erkenntnissen versorge. Und da das Französische eine bereits recht weit verbreitete Sprache sei, läge es nahe, dass das Französische diese Funktion übernehmen könnte. Aber, und dies ist Guytons zentrales Argument und Anliegen, damit das Französische diese Funktion übernehmen könnte, müsste wesentlich mehr ins Französische übersetzt werden. Erst dann würde es für Wissenschaftler lohnend, diese Sprache zu adoptieren, weil sie damit ein Medium für internationale Forschungen vorfinden würden. Bislang jedoch könne davon keine Rede sein, vielmehr sei es das Deutsche, das sich allmählich anschickte, zur universellen Wissenschaftssprache zu werden, da man dort viel und mit großem Tempo übersetze:

Pendant que le Français néglige de convertir à son propre usage les écrits des Savans étrangers, l’Allemand semble aspirer à l’honneur de les fournir à tout l’univers. Tous les mémoires d’Académies, tous les grands ouvrages de science, de toute nation, sont traduits dans cette langue avec une incroyable rapidité.[23]

Der später von den deutschen Romantikern gepflegte Nimbus des Deutschen als Medium europäischer Literatur qua Übersetzung findet hier seine Entsprechung für die Wissenschaften, wobei Guyton nicht der einzige bleiben sollte, der die deutsche Übersetzungsproduktion hervorhob. Ein sehr launiger Kommentar zu dieser spezifisch deutschen Übersetzungsproduktion findet sich dabei in einer Rezension des irischen Mineralogen Chenevix, der 1804 in den Annales de Chimie (einer von Guyton und Lavoisier mitgegründeten Fachzeitschrift) eine Übersetzung von Haüys Mineralogie ins Deutsche bespricht und darin mit großer Verve die fast schon industrielle Buchproduktion in Deutschland kritisiert, die nicht zuletzt von Übersetzungen lebt: „En Angleterre, en France on fait aussi des livres, en Allemagne on les FABRIQUE. […] C’est principalement sur les traductions des meilleurs auteurs étrangers que ce fabriquant fait ses spéculations […].“[24] Doch während sich Chenevix in Ländervergleichen übt, und die Übersetzungsproduktion in gewisser Weise als „nationale Kuriosität“ betrachtet, zieht Guyton aus der gleichen Beobachtung verallgemeinerbare Schlüsse: Denn er sieht in der Übersetzungsproduktion schlicht einen Standortfaktor, der die Attraktivität der übersetzenden Sprache und ihrer wissenschaftlichen community immens steigert. Oder anders gesagt: wenn Forscher durch das Erlernen einer bestimmten Sprache Zugriff auf einen Großteil der internationalen Forschung gewinnen, so werden sie vermutlich diese Sprache lernen, statt einer anderen: „il y aura donc nécessairement une langue que les Savans préféreront parce qu‘elle les mettra en correspondance avec tous les Savans.“[25] Und es leuchtet ein, dass die Sprache, in die am meisten übersetzt wird, diese „Korrespondenz“ mit den anderen Gelehrten am ehesten gewährleistet, weshalb Guyton mit einem gewissen Bedauern bemerkt, dass die Gelehrten, selbst die Franzosen, wohl bald Deutsch lernen würden:

Tel est l’état des choses : & s’il subsiste, l’Allemand sera bientôt la langue des Savans de tous les pays. Honteux de ne plus être au courant de tout ce qui est publié en Europe, le français lui-même, sera contraint de se livrer à l’étude d’une langue qui lui offrira toutes les richesses dont il sentira le besoin, & il contribuera ainsi à porter à une autre nation un honneur qu’il pouvait conserver à sa patrie.[26]

Darauf hoffend, dass diese ‚Schreckensvision‘ aus französischer Sicht die nationale Ehre herausfordern würde, lässt Guyton an dieser Stelle seinen Appell für eine Unterstützung übersetzerischer Aktivitäten in Frankreich folgen, die Guyton wie bereits erwähnt, selbst schon betrieb. Dabei weiß er zumindest einige Wissenschaftler auf seiner Seite, die wie er erwähnt darauf hofften, dass das Französische diese Rolle der universellen, und das heißt auch viel übersetzenden Wissenschaftssprache einnehmen würde. Er zitiert dabei mit den Italienern Fontana, Volta, Landriani und Lorgna sowie u.a. dem zeitgenössisch sehr bekannten irischen Mineralogen Kirwan des Französischen mächtige Gelehrte, aus deren Sicht ein solcher Wunsch naheliegt. Ein Brief Kirwans an Guyton, mit dem der irische Chemiker einen regen Briefaustausch pflegte, zeigt jedoch, dass die internationale Ausrichtung der Wissenschaften zu durchaus schnellen Anpassungen an gegebene Umstände in der Lage war:

Si ces choses prennent un mauvais tour c’est bien malheureux pour l’honneur de votre ville qui alloit jouir de la même réputation pour la chymie philosophique dont Edimbourg jouit pour la médecine et Upsal pour la minéralogie, où l’élite des jeunes gens de toutes les nations européennes vont se rendre, j’allois moi-même recommander quelques jeunes gens de ce pays d’aller à Dijon apprendre la chymie, que je serai à présent obligé d’envoyer en Allemagne.[27]

Zwar geht es hier nicht um Übersetzungen, doch belegt Kirwans Aussage zum einen die Attraktivität des ‚Wissenschaftsstandortes‘ Deutschland, zumindest im Bereich der Chemie, und zum anderen die Tatsache, dass das höhere symbolische Kapital des Französischen und Frankreichs für Wissenschaftler nicht von entscheidender Bedeutung war. Dessen zeigt sich allerdings auch Guyton völlig bewusst, der das Prestige des Französischen ja nur deshalb für einen potentiellen Vorteil auf dem Weg zur universellen Wissenschaftssprache hält, weil es den Lernaufwand für die bereits mit Französisch vertrauten Wissenschaftler reduzieren würde. Interessanterweise verknüpft sich bei Guyton diese Vorstellung des Wissenschaftlers, der seine wertvolle Zeit nicht mit der „étude de mots“ verbringen könne, mit derjenigen des ‚Konsumenten‘, der sich seine ‚Informationen‘ wie Waren auf möglichst bequeme Weise beschafft.

Mais sa vie se consumerait dans l’étude des mots, s’il était obligé d’aller chercher lui-même ces matériaux dans tant d’diomes étrangers. Semblable au consommateur qui ne jouit des productions, des divers climats que par la facilité que le commerce lui donne de se les procurer, il attendra qu’une nation se charge de les porter à toutes les nations.[28]

Da sich Guyton wünscht, dass die französische Nation zu diesem universellen ‚Lieferanten‘ werde, kann die Vision, die er am Ende des Textes für Paris vorsieht, kaum überraschen:

Ainsi, si j’ose ainsi m’exprimer, Paris deviendra le comptoir général de la philosophie naturelle & des arts pour le monde entier. C’est de là que le Russe, le Suédois, le Danois, le Polonais, l’Anglais, le Prussien, l’Américain, l’Italien, l’Espagnol, le Hollandais & l’Allemand lui-même, tireront désormais les fruits de la science, les productions du génie, en quelque langue qu’ils aient pris naissance.[29]

In gewissen Sinne ähnelt dieses Bild von Paris als internationaler Kommunikationsdrehscheibe der Vorstellung, die Rivarol in seinem Discours von Frankreich skizzierte, einem Frankreich, das im Unterschied zu England ohne militärische Stärke ‚stark‘ ist und Leute aus aller Herren Länder ganz zwanglos bei sich versammelt. Dabei erwähnt Rivarol die Anziehungskraft der französischen Mode, aber auch der Konversation und, was im vorliegenden Fall noch aufschlussreicher ist, der französischen Prosa. Es sei die Prosa, und nicht die Poesie, die die Macht einer Sprache ausmache, was durchaus ein Zugeständnis an die immer wichtiger werdenden Wissenschaften darstellt.[30] Außerdem finden sich im Discours bemerkenswerterweise Passagen über das Französische als europäische Übersetzungssprache, in der alle anderen Sprachen gleichsam aufgehoben wären, wobei Rivarol hier auch an die diachrone Vermittlung der antiken Sprachen denkt.[31] Doch während bei Rivarol alle diese Aspekte von eher impressionistisch-spekulativer Natur bleiben und im Grunde ihre Überzeugungskraft aus der de facto Ende des 18. Jahrhunderts schwer zu bestreitenden Ausstrahlung des Französischen in Europa ziehen,[32] entwickelt Guyton eine sehr klare Problembeschreibung samt eines konkreten Lösungsvorschlags – eben in Form einer französischen Übersetzungsoffensive in den Wissenschaften, die die Universalität des Französischen einzig garantieren könne. Wobei man fragen könnte, ob der Begriff ‚Universalität‘ hier überhaupt angebracht ist, denn während Rivarol zumindest in wenigen Sätzen versucht, einen Bogen von der französischen clarté und raison zur allgemein menschlichen zu schlagen, so dominiert bei Guyton noch deutlicher der nationale Bezug, bis hin zu Vorteilen, die Guyton dem Staat in Aussicht stellt, wenn die Übersetzungen den heimischen Buchmarkt stärken. Denn statt wissenschaftliche Literatur aus dem Ausland beschaffen zu müssen, bräuchte künftig nur noch ein einziges Exemplar zur Übersetzung gekauft werden, ehe es dann in der französischen Fassung und von französischen Buchhändlern angeboten dem gelehrten Europa zur Verfügung stünde.

Die Zielsetzung formuliert Guyton dabei unmissverständlich: „[…] au lieu de nous rendre tributaires d‘une nation pour cette correspondance, ce seront toutes les nations étrangères qui deviendront tributaires de la France.“[33] – Größtmögliche Unabhängigkeit von anderen Nationen und größtmöglicher Vorteil für die eigene – in seltener Klarheit zeigt sich in diesen Anliegen, dass auch Übersetzungsprojekte, entgegen der häufigen Vorstellung von Übersetzung als kulturvermittelnder, ‚Brücken bauender‘ Aktivität [Zur Problematik dieser Metaphorik vgl. Dilek Dizdar, Andreas Gipper, „Einleitung: Übersetzung als Konstruktionselement nationaler Identität“, in Nationenbildung und Übersetzung, hrsg. von Dilek Dizdar, Andreas Gipper und Michael Schreiber (Berlin, Frank & Timme, 2015), 7-16], eine sehr eigennützige Dimension haben können, die den Kulturkontakt nicht sonderlich befördert. Denn die Motivation Guytons ist es ja gerade, den französischen Forschern zu ersparen, Fremdsprachen, vor allem Deutsch, lernen zu müssen. Die Zeit, die andere mit dem Erlernen des Französischen verbringen müssen [Zum analogen Verkennen des Sprachlernaufwandes im Zeitalter des heutigen Global English vgl. Michael Gordin, „Science once communicated in a polyglot of tongues, but now English rules alone. How did this happen – and at what cost?“, Aeon Magazine,https://aeon.co/essays/how-did-science-come-to-speak-only-english], beschäftigt Guyton ganz offensichtlich weniger, was am Ende zählt ist der Vorteil der eigenen „wissenschaftlichen community“. Die von ihm beschworene Internationalität naturwissenschaftlicher Forschung verträgt sich insofern sehr gut mit einem unumwunden nationalen Programm. Nun muss man Guyton selbst zugestehen, sich durchaus Mühe mit dem Erlernen von Fremdsprachen gegeben zu haben, so berichtet er über seine Versuche Schwedisch zu lernen, eine Sprache, die in der Zeit in Frankreich kaum gelernt wurde, aber für die Chemie und Mineralogie wichtig war. Neben seinen eigenen Studien griff Guyton aber vor allem auf ein Netzwerk von Übersetzern zurück, nicht zuletzt seine Mitarbeiterin und spätere Ehefrau Claudine Picardet, um den neuesten Forschungsstand ins Französische zu übertragen – ein Forschungsstand, den er insbesondere für seine Arbeiten zur Encyclopédie méthodique (dem Nachfolgewerk der Encyclopédie d’Alemberts und Diderots) benötigte, wo er für einen Band zur Chemie verantwortlich war. Im ‚Avertissement‘ zu diesem Band schildert Guyton dabei seine Bemühungen, sich die Schriften der ausländischen Forscher zugänglich zu machen und formuliert in nahezu gleichem Wortlaut wie einige Jahre später in seinem ‚Mémoire‘ die Beobachtung, dass sich Deutschland anschicke, zum Zentrum der Wissenschaftskommunikation zu werden:

On seroit tenté de croire qu’ils aspirent à rendre leur langue l‘organe de la correspondance générale, et il n’est pas difficile de prédire qu’ils obtiendront à leur tour cet avantage, qu’il nous eût été si facile de conserver.[34]

Interessanterweise stellt Guyton dieser „correspondance générale“ aber eine „correspondance privée“ entgegen, in der Forscher im unmittelbaren Austausch, meist per Brief, miteinenander stehen:

à peine ont-ils vu luire quelque rayon de lumière au lieu de ce sentiment qui leur persuaderoit d’en dérober, au moins quelque temps, la clarté à leurs rivaux de gloire, ils n’éprouvent que l’impatience de la répandre, pour hâter le développement des fruits qu’elle doit produire.[35]

Für die Bereitschaft vieler ausländischer Forscher, ihn in eine solche Correspondance aufgenommen zu haben, bedankt sich Guyton in der Folge und kann so zumindest für die Encyclopédie behaupten, die aktuellsten Arbeiten der besten Chemiker in sein Werk aufgenommen zu haben. Tatsächlich zeigt sich sogar Lavoisier sehr angetan von Guytons Mühe, die fremdsprachige Literatur aufzubereiten. „il m’aurait été difficile de puiser dans de meilleures sources, surtout d’après la difficulté de consulter les ouvrages étrangers dans leur langue originale.“[36] Doch anders als sein Kollege machte sich Lavoisier um den ‚französischen Wissenschaftsstandort‘ weniger Gedanken und war, wenn man der von seiner Frau posthum herausgegebenen Schrift „Oeuvres complètes“ glauben darf, von ‚nationalen‘ Vereinnahmungen seiner bahnbrechenden Theorien wenig begeistert: „Cette théorie n’est donc pas, comme je l’entends dire, la théorie des chimistes français, elle est la mienne […] [Hervorhebung im Original].“[37] – Wissenschaftliche Erkenntnis ist keine nationale Angelegenheit – dies hätte sicher auch Guyton nicht bestritten.[38] Aber die institutionellen und sprachlichen Umstände von Wissenschaft sind es schon – zumindest im Kontext Guytons, da mit den Akademien im 17. Jahrhundert (Royal Academy, Académie des sciences) Patronagesysteme auf den Plan getreten waren, die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit mit nationalen Repräsentationsfunktionen verknüpften und verstärkt auf die Vernakularsprachen setzten.

Dass auch die Berliner Akademie, die ja 1700 explizit nach dem Vorbild der Akademien in England, Frankreich und Italien gegründet wurde, letztlich auch das Deutsche als offizielle Sprache annahm, ist insofern nur folgerichtig[39] und vor allem für Guytons Anliegen schon nicht mehr entscheidend: Denn so wichtig die Akademien als Konsekrationsorgane und für den wissenschaftlichen Austausch auf nationaler Ebene blieben, so sehr waren ihre Publikationsorgane für den raschen transnationalen Wissenstransfer ungeeignet, da sie in der Regel nur jährlich erschienen, häufige Verzögerungen nicht eingerechnet. Auch deshalb konnte das ambitionierte Projekt der Collection Académique, das sich vornahm, die Publikationen der europäischen Akademien zumindest in Auswahl in französischer Übersetzung zu publizieren, letztlich nicht mit dem neuen Medium der transnationalen Wissenschaftskommunikation Schritt halten: den wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Hier setzte das 1778 erscheinende Chemische Journal (später Chemische Annalen) Crells als regelmäßig und mit zahlreichen Übersetzungen ins Deutsche erscheinende Publikation neue Maßstäbe, die sich auch Guyton zu eigen machte. Gemeinsam mit seinem ‚Übersetzungsbüro‘ in Dijon versuchte er stetig, Übersetzungen wissenschaftlicher Traktate in den französischsprachigen Zeitschriften zu platzieren, allen voran im Journal de Physique,[40] seltener auch im Journal des savans und später in den nach Crells Vorbild von Guyton de Morveau mit gegründeten Annales de Chimie. All diese Übersetzungen dienten dabei gewiss der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie, nicht zu vergessen, der Durchsetzung der neuen chemischen Nomenklatur, die in den Übersetzungen aus Dijon Anwendung fand. Nicht zuletzt aber sollten sie den Status des Französischen als ‚universelle‘ Sprache stärken – getreu dem Motto ‚ce qui n’est pas traduit, n’est pas français‘.

  1. Guyton de Morveau, „Mémoire contenant des vues pour conserver à la langue française la prérogative d’être la langue universelle“, Journal littéraire de Nancy XXI (1787): 38–46, 56–64.
  2. Zu den Diskussionen um die Preisfragen und die Beeinflussungen der Entscheidung, vgl. u.a. Tristan Coignard, „Gallotropismus in der Debatte über Sprachen (1784). Die Frage nach der Universalität eines Zivilisationsmodells“, in Gallotropismus – Bestandteile eines Zivilisationsmodells und die Formen der Artikulation, hrsg. von Wolfgang Adam, Ruth Florack, Jean Mondot (Heidelberg: Winter, 2016), 231-246. Zu einem Überblick über die anderen eingereichten Wettbewerbsbeiträge vgl. Jürgen Storost, Langue française, langue universelle? : die Diskussion über die Universalität des Französischen an der Berliner Akademie der Wissenschaften: zum Geltungsanspruch des Deutschen und Französischen im 18. Jahrhundert (Bonn: Romanistischer Verlag, 1994)
  3. vgl. die sensualistische Kritik an Rivarols Discours bei Garat (Garat, Dominique-Joseph: Compte rendu de Rivarol 1784, Mercure de France 6 et 13 août, 10-34, 63-723. Laut Rivarols Biograph Michel Cointat (vgl. Rivarol: (1753-1801): un écrivain controversé (Paris: L’Harmattan 2011) könnten bei dieser Kritik auch persönliche Animositäten eine Rolle gespielt haben, dies ändert jedoch nichts daran, dass es den Zeitgenossen kaum schwerfiel, Rivarols Discours als brillant, aber argumentativ fragwürdig zu beschreiben.
  4. Vgl. Zollna, Isabell, „Vom Sprachstil zum Nationalcharakter: Dominique Bouhours (1671) im Vergleich zu Henri Estienne (1579) und Antoine Rivarol (1784)“, Zeitschrift für romanische Philologie 129 (2013), 289-323.
  5. Bret, Patrice, „The letter, the dictionary and the laboratory: translating chemistry and mineralogy in eighteenth-century France“, Annals of science 73, Nr. 2 (1996), S. 122-142.
  6. Vgl. die wissenschaftshistorischen ‚Klassiker‘ Maurice Crosland, Historical Studies in the Language of Chemistry (London: Heinemann, 1962) und William A. Smeaton, „The Contributions of P.-J. Macquer, T. O. Bergman, and L. B. Guyton de Morveau to the Reform of Chemical Nomenclature“, Annals of Science 10 (1954): 87–106., sowie François Dagognet, Tableaux et langages de la chimie. (Paris: Éditions du Seuil, 1969), Wilda Anderson, Between the Library and the Laboratory: The Language of Chemistry in Eighteenth-Century France (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 1984), Jan Golinski, „The chemical revolution and the politics of language“, The Eighteenth Century 33, Nr. 3 (1992), 238-251, Bernadette Bensaude-Vincent, „Une charte fondatrice: Introduction,” in Méthode de nomenclature chimique. Réédition avec introduction et notes de l’ouvrage de Guyton de Morveau, Lavoisier, Berthollet, Fourcroy (1787), hrsg. von Bernadette Bensaude-Vincent (Paris: Éditions du Seuil, 1994), 9–60, und in jüngerer Zeit Mi Gyung Kim, Affinity, That Elusive Dream. A Genealogy of the Chemical Revolution (Cambridge/Mass., London: MIT Press, 2008).
  7. Vgl. Ronei-Clécio Mocellin, „Guyton de Morveau, ‚the First Chemist of France‘: Divergences, Convergences, and Consensus in the Chemical Revolution“, Annales Historiques de la Révolution Française 383, Nr. 1 (2016), 61-80.
  8. Zu erwähnen sind neben den frühen Standardwerken von Augustus Bozzi Grandville, „An Account of the life and writings of Baron Guyton De Morveau, F.R.S. Member of the Institute of France“, The Quarterly Journal of Science and the Arts. 3 (1817), 249–296 und Georges Bouchard, Guyton-Morveau. Chimiste et conventionnel (Paris: Perrin, 1938) in jüngerer Zeit eine Dissertation von Ronei-Clécio Mocellin, Louis-Bernard Guyton de Morveau (1737-1816): chimiste et professeur au siècle des Lumières, (Editions universitaires europeennes, 2018) sowie der Sammelband Guyton de Morveau, des Lumières à l’Empire: le pouvoir du savoir : actes du colloque de Dijon, 18-19 novembre 2016, organisé par l’Académie des sciences, arts et belles lettres de Dijon, hrsg. von Christine Lamarre (Dijon : Éditions Universitaires de Dijon, 2017), in dem u.a. auch seine Rolle als Direktor der Ecole Polytechnique beleuchtet wird.
  9. Vgl. auch die von Jürgen Storost angefertigte Aufstellung in: Guillaume Henri Charles de Goyon d’Arzac, Essais littéraires et philosophiques sur les causes de l’universalité de la langue francaise. Ein Beitrag aus dem Jahre 1783 zur Berliner Preisfrage nach der Universalität des Französischen, herausgegeben, eingeführt und mit Anmerkungen versehen von Jürgen Storost (Bonn: Romanistischer Verlag, 2000), XVI-XVII.
  10. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 61.
  11. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 58.
  12. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 39-40.
  13. Rivarol, De l’universalité de la langue francaise, Discours qui a remporté le Prix de l‘Académie de Berlin, (Berlin: Académie de Berlin, 1784), 78.
  14. Rivarol, Discours, 66.
  15. Gerda Haßler formuliert hierzu folgendermaßen: „le texte de Rivarol est basé sur un patriotisme émotionnel qui fait des stéréotypes de la discussion linguistique menée pendant deux siècles des arguments en faveur de l’universalisme […]“ (Haßler, Gerda: „Bon usage et langue parfaite. La présence des remarqueurs dans le débat sur l’universalité de la langue française au XVIIIe siècle”, in Les Remarqueurs sur la langue française du XVIe siècle à nos jours. Hrsg. von Philippe Caron (Rennes: La licorne. Presses universitaires de Rennes, 2004), 167-183, 168.
  16. Vgl. u.a. Ulrich Ricken, „La liaison des idées selon Condillac et la clarté du français“, Dix-huitième Siècle 1 (1969). pp. 179-193. Aufschlussreich für den hier untersuchten Zusammenhang ist nach wie vor Brigitte Schlieben-Langes These, nach der das 18. Jahrhundert einen Wendepunkt markiert, in dem der Apologie-Diskurs, der die Vernakularsprachen gegen das dominante Latein zu verteidigen sucht, in einen Hegemonie-Diskurs umschlägt, in dem das Lateinische auch als Wissenschaftssprache abgelöst werden soll, vgl. Brigitte Schlieben-Lange, „Reichtum, Energie, Klarheit und Harmonie. Die Bewertungen der Sprachen in Begriffen der Rhetorik“, in Texte, Sätze, Wörter und Moneme. Festschrift für Klaus Heger zum 65. Geburtstag, hrsg. von Susanne R. Anschütz (Heidelberg, Orient-Verlag, 1992), 571–586.
  17. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 42.
  18. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 42.
  19. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 41-42
  20. Vgl. Dagognet, Tableaux, 53. Im ‚second avertissement‘ der von Guyton de Morveau verfassten Encyclopédie Méthodique, tome Chimie, plädiert Guyton in einer Fußnote dafür, die Herkunft der Wörter nicht allzu ernst zu nehmen: „Ceux,qui ont objecté que dans ces mots une des racines étoit grecque & l‘autre latine, ignoroient sans doute que Cicéron a écrit que les termes qu‘une langue emprunte d‘une autre lui deviennent propres […]“. (Guyton de Morveau, „Second Avertissement“, Encyclopédie méthodique. Chymie, pharmacie et métallurgie. Tome 1. (Paris: Panckoucke, 1786), 625-653, 646.) Dies spricht nicht gegen Guytons Jesuitenkritik, die u.a. auch seine bildungspolitische Schrift Mémoire sur l’éducation publique (1764) prägt, aber die Rolle des Lateins sollte man darin vielleicht nicht überbewerten. Ähnliches gilt für den ‚nationalistischen‘ Zug, den Dagognet ebenda Morveaus Nomenklaturreform unter Verweis auf dessen Bemühungen, deutsche und schwedische Begriffe zu vermeiden, unterstellt. Auch hier ist die Grundtendenz sicher zu bestätigen, doch geht es Morveau nicht um einen Feldzug gegen andere Nationalsprachen, deren Verwendung in den jeweiligen Ländern ja gerade den Ausgangspunkt seiner übersetzerischen Tätigkeit abgibt.
  21. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 45.
  22. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 45.
  23. Guyton de Morveau „Mémoire“, 59.
  24. Chenevix, Richard, „Observations sur un mémoire du docteur Weiss, imprimé dans la Minéralogie de M. Haüys, traduite en Allemand par Karsten“, Annales de Chimie 52, (1804), 307-339, 319-320.
  25. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 43.
  26. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 60.
  27. Lettre de Kirwan à Guyton du 9 janvier 1787, A scientific Correspondence during the Chemical Revolution. Louis-Bernard Guyton de Morveau and Richard Kirwan (1782-1802), hrsg. von Emmanuel Grison, Michelle Goupil, Patrice Bret (Berkeley: OHST et University of California, 1994), 161-162.
  28. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 42.
  29. Guyton de Morveau, „Mémoire“, 61-62.
  30. Vgl. Rivarol, Discours, 27.
  31. Vgl. Rivarol, Discours, 69.
  32. Zum Zusammenhang von Realität, Mythos und Ethos der Universalität des Französischen, vgl. Harald Weinrich, „Die ‚clarté‘ der französischen Sprache und die Klarheit der Franzosen“, Zeitschrift für romanische Philologie 77 (1961), 528–544. Zur komplexen Genese dieses Mythos in der sogenannten „doctrine classique“, vgl. Gilles Declercq, „La rhétorique classique entre évidence et sublime (1650-1675), in Histoire de la rhétorique dans l’Europe moderne 1450-1950, hrsg. von Marc Fumaroli (Paris: PUF, 1999), 629-706.
  33. Guyton de Morveau, „Mémoires“, 64.
  34. Guyton de Morveau, „Avertissement“, Encyclopédie méthodique. Chymie, pharmacie et métallurgie. Tome 1. (Paris: Panckoucke, 1786), i-viij, iii.
  35. Guyton de Morveau, „Avertissement“, iii.
  36. Antoine Laurent Lavoisier, Traité élémentaire de chimie (Paris: Cuchet, 1789), 191.
  37. Antoine Laurent Lavoisier, „Détails historiques sur la cause de l‘augmentation de poids qu‘acquièrent les substances métalliques lorsqu‘on les chauffe pendant leur exposition à l‘air“, Oeuvres de Lavoisier. Tome 2. Mémoires de chimie et de physique (Paris: Imprimerie nationale, 1862), 104.
  38. Vgl. hierzu Guyton de Morveau, „Avertissement“, iii: „La science de la nature est universelle comme la nature, elle n’a point de type national […].“
  39. Zur Preisfrage von 1783 als gleichsam letztem Aufbäumen der Unterstützer des Französischen in Berlin, vgl. François Labbé, Berlin, le Paris de l’Allemagne? Une querelle du français à la veille de la Révolution (1780-1792) (Orizons, 2011).
  40. Vgl. Andreas Gipper, „Die Geburt der wissenschaftlichen Fachzeitschrift aus dem Geist der Übersetzung: Die Observations sur la physique, sur l’histoire naturelle et sur les arts“, in Le riviste erudite come luogo di comunicazione dei saperi, hrsg. von Fabio Forner, Franz Meier, Sabine Schwarze (Berlin/New York: Peter Lang, im Druck)

 

ill.: Guyton de Morveau, gemeinfrei

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